Sitzung: 19.09.2019 Stadtrat
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 22, Nein: 1, Anwesend: 23
Nach
Vorberatung im Planungsausschuss fasst der Stadtrat folgenden Beschluss:
1. Der Stadtrat nimmt die im Rahmen der öffentlichen
Auslegung vorgebrachten Einwendungen voll inhaltlich zur Kenntnis und würdigt
dieses wie folgt:
Landratsamt Traunstein –
Untere Immissionsschutzbehörde:
Zu Verkehrslärm:
Es ist richtig, dass im
Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung zum Verkehrslärm festgestellt
wurde, dass die in einem allgemeinen Wohngebiet anzustrebenden
Orientierungswerte OWWA,Tag = 55 dB(A) und OWWA,Nacht = 45 dB(A) des Beiblatts
1 zu Teil 1 der DIN 18005 teilweise erheblich um bis zu 15 dB(A) während der
Tagzeit (6:00 bis 22:00 Uhr) und um bis zu 17 dB(A) in der Nachtzeit (22:00 bis
6:00 Uhr) überschritten werden. Demnach werden auch die um 4 dB(A) höheren
Immissionsgrenzwerte IGWWA,Tag = 59 dB(A) und IGWWA,Nacht = 49 dB(A) der 16.
BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung), die beim Neubau und der wesentlichen
Änderung von öffentlichen Verkehrswegen rechtsverbindlich zu beachten sind,
deutlich verletzt.
Nachdem der Gesetzgeber Geräuschsituationen als zumutbar einstuft, in denen an bestehenden
schutzbedürftigen Nutzungen Beurteilungspegel bis hin zu den
Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV auftreten, kann davon ausgegangen werden,
dass bei einer Einhaltung dieser Immissionsgrenzwerte auch an neu entstehenden schutzbedürftigen
Nutzungen einer städtebaulichen Planung gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet
sind. Werden die Immissionsgrenzwerte hingegen überschritten, so kann eine
Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche nicht
ausgeschlossen werden. Die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV werden bei
Bauleitplanungen deshalb oftmals als Abwägungsspielraum interpretiert und
verwendet, innerhalb dessen ein Planungsträger nach Ausschöpfung sinnvoll möglicher
und verhältnismäßiger aktiver und/oder passiver Schallschutzmaßnahmen die
vorgesehenen Nutzungen üblicherweise realisieren kann, ohne die
Rechtssicherheit der Planung infrage zu stellen.
Diese Vorgehensweise wurde vom Sachverständigenbüro auch im vorliegenden Fall
angewandt. Im Vorfeld der Begutachtung wurden in Abstimmung mit dem Bauherrn
Schallschutzmaßnahmen für all diejenigen Fassaden(abschnitte) der geplanten
Wohnbaukörper erarbeitet, die tags und/oder nachts von Grenzwertüberschreitungen
betroffen sind. Mit Hilfe dieser Maßnahmen, die im schalltechnischen Gutachten
detailliert vorgestellt und schließlich zur Festsetzung im Bebauungsplan empfohlen
wurden, können gesunde Wohnverhältnisse für die künftigen Bewohner
sichergestellt werden. Im Umgang mit Orientierungswertüberschreitungen bis hin
zu den Immissionsgrenzwerten wurden aus den zuvor genannten Gründen keine
Schutzmaßnahmen entwickelt.
Es ist korrekt, dass die Entscheidung darüber, bis hin zu welchen
Beurteilungspegeln Überschreitungen der Orientierungswerte abgewogen werden,
die Stadt Traunstein als Planungsträger und nicht das Sachverständigenbüro oder
der Bauherr hätte treffen müssen. Unabhängig davon besteht aber seitens der
Stadt Traunstein ausdrücklich Einverständnis mit den Festsetzungen zum
Schallschutz.
Zu Anlagenlärm:
Die
genehmigungsrechtliche Situation der im Gutachten explizit untersuchten
Gewerbebetriebe wurde im Nachgang durch das Sachverständigenbüro geprüft. Die Akteneinsicht
ergab, dass in den Genehmigungsunterlagen des Betriebs "Osenstätter Kraftfahrzeuge
GmbH" auf Grundstück Fl.Nr. 804/2 der Gemarkung Traunstein, die sich über
den Zeitraum von 1966 (Neubau einer Werkhalle) bis ins Jahr 2016 (Umbau und
Erweiterung Skoda Ausstellung) erstrecken, keine Auflagen zum Lärmimmissionsschutz
enthalten sind. Gleiches gilt für die gewerblichen Nutzungen auf dem Grundstück
Fl.Nr. 804/5 der Gemarkung Traunstein ("Auto Eder Traunstein" und "Böhm
Traunsteiner Fensterbau GmbH"). Weder in der zuerst erteilten Genehmigung aus
dem Jahr 1965 (Neubau einer Werkhalle mit Bürobau) noch in der zuletzt
erteilten Genehmigung aus dem Jahr 2004 (Nutzungsänderung und Umbau des
bestehenden Anwesens "Chiemseestraße 38") sind Schallschutzauflagen
fixiert. Somit ist zwar nicht geregelt, welchen Anteil an den zulässigen
Orientierungs- bzw. Immissionsrichtwerten diese Betriebe an den nächstgelegenen
bestehenden Immissionsorten ausschöpfen dürfen. Klar ist hingegen, dass allein
die jeweils beantragte Art der Nutzung als Kfz-Betrieb mit den jeweils zugehörigen
Betriebsgebäuden zulässig ist.
Das heißt, genehmigt ist zum einen der Betriebstyp "Kfz-Betrieb mit
Autohaus" und zum anderen die Lage der Gebäude auf den Grundstücken sowie
deren Länge und Höhe.
Aus den genannten Gründen ist auch die Vorgehensweise des
Sachverständigenbüros, die anlagenbedingten Geräuschentwicklungen auf Grundlage
der Betreiberangaben zu den tatsächlich praktizierten Betriebsabläufen unter
den örtlichen Entfernungs- und Abschirmungsverhältnissen zu prognostizieren,
korrekt. Ziel der Untersuchung hinsichtlich Gewerbelärm war es, den Nachweis zu
führen, dass der Anspruch der geplanten schutzbedürftigen Nutzungen auf Schutz
vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch anlagenbedingte Geräusche zu keiner
Einschränkung der Betriebsabläufe oder gar zu einer Gefährdung des
Bestandsschutzes der umliegenden Betriebe führen kann. Dieser Nachweis konnte
sogar unter Einrechnung verschiedener Prognosesicherheiten und unter
Berücksichtigung etwaiger Erweiterungsabsichten erbracht werden. Deshalb sind
auch nach Sichtung der Genehmigungsbescheide keine weitergehenden
Untersuchungen erforderlich.
Darüber hinaus kommt das schalltechnische Gutachten zu dem Fazit, dass der
zulässige Spitzenpegel während der Tagzeit unter allen Umständen eingehalten
wird.
In der Nachtzeit hingegen können im Fall einer Ersatzteilanlieferung für den
Kfz-Betrieb "Auto Eder Traunstein" an der nördlichen Baugrenze des
Gebäudes A Überschreitungen um 1 – 3 dB(A) nicht ausgeschlossen werden. Unter
der Voraussetzung, dass die im Umgang mit den ermittelten Orientierungs- und
Immissionsgrenzwertüberschreitungen hinsichtlich Verkehrslärm empfohlenen
Schutzmaßnahmen als Festsetzungen in den Bebauungsplan aufgenommen und in der
Praxis konsequent umgesetzt werden, erfordern diese Überschreitungen jedoch
keine zusätzlichen Vorkehrungen, weil demnach vor der Nordfassade des Gebäudes
A keine maßgeblichen Immissionsorte entstehen dürfen und damit keine
schutzbedürftigen Nutzungen von einer Verletzung des Spitzenpegelkriteriums
betroffen sein werden.
Zu Parkplatzlärm:
Gemäß dem
schalltechnischen Gutachten verursacht die Nutzung des Parkplatzes und der
Tiefgarage der Wohnanlage in der schutzbedürftigen Nachbarschaft
Beurteilungspegel, die die jeweils zulässigen Immissionsrichtwerte
der TA Lärm an allen bestehenden
Immissionsorten einhalten bzw. unterschreiten. Von einer weitergehenden Prüfung,
ob das Zuschlagen
der Kofferraumklappe oder der Tür eines Pkw möglicherweise zu unzulässigen Spitzenpegeln führt, wurde abgesehen,
weil bei Lärmprognosen von Parkplätzen in allgemeinen und reinen Wohngebieten
gelegenen Wohnanlagen die Maximalpegel gemäß dem Urteil Az. 3 S 3538/94 des
Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg nicht zu berücksichtigen sind.
Begründet wird dies anhand der Tatsache, dass anderenfalls die Errichtung von
Parkplätzen und Tiefgaragen in allgemeinen und reinen Wohngebieten regelmäßig
unzulässig wäre und dies wiederum dem § 12 der BauNVO widerspräche. Die
Richtigkeit dieser richterlichen Entscheidung wurde in den Beschlüssen Az. 3 M
102/10* des OVG Greifswald vom 07.07.2010 und Az. 4 K 718/11* des VG Freiburg
vom 07.06.2011 bestätigt.
Unabhängig davon weist eine Verletzung des Spitzenpegelkriteriums nach Meinung
des Bayerischen Landesamtes für Umwelt auf Planungsmängel im Bereich des
Immissionsschutzes hin und eine verbesserungsbedürftige Planung sollte z.B. durch
eine Verlegung der Zufahrt oder der am meisten störenden Stellplätze oder eine
Einhausung der Tiefgaragenrampe auf den Stand der Technik gebracht werden.
Um zu prüfen, ob im vorliegenden Fall überhaupt eine Verletzung des
Spitzenpegelkriteriums zu befürchten ist, wurden durch das Sachverständigenbüro
zusätzliche Lärmprognoseberechnungen durchgeführt. Im Ergebnis war
festzustellen, dass zur Tagzeit gesichert keine unzulässigen Spitzenpegel
auftreten. Während dies nachts auch für die Nutzung der Tiefgarage bzw. die
damit verbundenen Ein- und Ausfahrten gilt, kann das Zuschlagen der
Kofferraumklappe eines Pkw auf einem der oberirdischen Stellplätze des
Parkplatzes im Osten des Plangebiets am diesbezüglich maßgeblichen Wohnhaus
"Hochfellnstraße 2" zu deutlichen Überschreitungen um bis zu 11 dB(A)
führen.
Um den nachts zulässigen Spitzenpegel hier einhalten zu können, müsste entlang der
östlichen Grundstücksgrenze theoretisch eine 5,5 m hohe Lärmschutzanlage
errichtet werden – was in der Praxis wegen der einzuhaltenden Abstandsflächen
zum Nachbargrundstück nicht möglich ist. Wäre eine derartige Lärmschutzanlage
lediglich 2 m hoch, würde dies den Spitzenpegel auf Höhe des ersten
Obergeschosses nicht relevant mindern, weil der Schall auf seinem
Ausbreitungsweg vom Entstehungsort zum Immissionsort bzw. Empfänger nicht
unterbrochen wird. Die nachträgliche Festsetzung einer aktiven
Schallschutzmaßnahme kommt daher nicht in Betracht.
Eine Verlegung des Parkplatzes nach Westen oder Süden würde die
Geräuschsituation am Wohnhaus "Hochfellnstraße 2" zwar wesentlich
verbessern. Jedoch wäre der Spitzenpegel in der Nachtzeit dann an anderen,
bereits bestehenden Wohnnutzungen ähnlich weit überschritten.
Lärmimmissionsschutzfachlich vorteilhaft wäre eine Anordnung des Parkplatzes im
Norden entlang der Chiemseestraße, weil sich gegenüber keine schutzbedürftigen
Nutzungen befinden. Nachdem es sich bei der Chiemseestraße um eine Staatsstraße
handelt, müsste die Erschließung eines derartigen Parkplatzes allerdings über
eine einzige Ein- bzw. Ausfahrt erfolgen.
Dies wiederum hätte zur Folge, dass das als Lärmschutzbebauung vorgesehene Gebäude
A deutlich nach Süden abgerückt werden müsste, was wiederum eine vollständige
Überarbeitung der städtebaulichen Planung erfordern würde.
Bei dem relevanten Parkplatz handelt es sich um einen Besucherparkplatz.
Deshalb werden Abfahrten nach 22:00 Uhr - und damit in der Nachtzeit - nicht
regelmäßig auftreten. Darüber hinaus besitzt der Parkplatz lediglich zehn
Stellplätze. Hätte man die Anzahl der Stellplätze auf den durch die geplante
Nutzung verursachten Bedarf ausgelegt, - worauf im Rahmen der Planung bewusst
verzichtet wurde - so hätte der Parkplatz deutlich mehr Stellplätze und würde
theoretisch auch weitaus mehr Fahrverkehr bzw. Zu- und Abfahrten erzeugen. Die
nächtliche Geräuschsituation am Wohnhaus "Hochfellnstraße 2" ist
eindeutig dominiert durch den Verkehrslärm auf der Chiemseestraße. Entsprechend
den Angaben im Verkehrsmengen-Atlas 2015 des Bayerischen Staatsministeriums für
Wohnen, Bau und Verkehr verkehren im Jahresdurchschnitt nachts stündlich ca.
120 Kfz, das heißt zwei Fahrzeuge pro Minute.
Damit verbunden ist ein nächtlicher Beurteilungspegel von ca. 55 dB(A) auf Höhe
des ersten Obergeschosses bezogen auf die gesamte achtstündige Nachtzeit von
22:00 bis 6:00 Uhr. Einzelne Geräuschspitzen, wie sie durch das Zuschlagen der Kofferraumklappe
oder der Tür eines Pkw auf dem Parkplatz hervorgerufen werden, dauern hingegen
lediglich wenige Sekunden an und treten weiterhin nicht regelmäßig auf. Die
Bewohner des Wohnhauses "Hochfellnstraße 2" dürften den öffentlichen Verkehrslärm
der Chiemseestraße daher als störender empfinden, als den Parkplatzlärm auf dem
Nachbargrundstück. Unabhängig davon wird dem Grundstückseigentümer vom Bauherrn
angeboten, die nach Westen und Süden orientierten Schlafräume mit passivem
Schallschutz in Form von Belüftungsanlagen auszustatten.
Landratsamt Traunstein – Untere Naturschutzbehörde:
Die vom Landratsamt
empfohlene Dokumentation wird außerhalb des Bebauungsplanverfahrens gesichert
und umgesetzt.
Eine Ergänzung der Festsetzungen wird daher für nicht erforderlich gehalten.
Hans und Monika Kösterke:
Der vorliegende Planentwurf
ist das Ergebnis zahlreicher Abstimmungen und Beratungen innerhalb der
Verwaltung und der Gremien des Stadtrates. Es wird nicht verkannt, dass der
Entwurf im Verhältnis zur Umgebungsbebauung eine wesentliche Verdichtung der
Baumasse darstellt. Dies ist aber aufgrund der erheblichen Wohnungsnachfrage
sowie der Verpflichtung zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden vom Stadtrat
bewusst gewollt. Das Grundstück eignet sich wegen seiner innerstädtischen Lage
sehr gut für eine bauliche Nachverdichtung. Trotz dieser Verdichtung werden die
geltenden Abstandsflächen der Bayerischen Bauordnung voll umfänglich auch
gegenüber der Nachbarschaft gewährleistet. Hierzu muss man auch feststellen,
dass der Gesetzgeber auch eine Verkürzung der Abstandsflächen auf 0,4h für
zulässig ansieht, was in der Konsequenz eine erhebliche Verdichtung bedeuten
würde.
Die im Bebauungsplan festgesetzte Firsthöhe stellt ein maximales Maß dar. Die
bisherigen Planungen des Bauträgers bleiben hinter diesem Maß deutlich um bis
zu 1,20 m zurück. Der Stadtrat ist daher der Ansicht, dass die Planung in der
vorliegenden Form noch als nachbarschaftsverträglich anzusehen ist.
Hinsichtlich der
angesprochenen Absaugeinrichtung wurde bereits mit der Firma Osenstätter
Kontakt aufgenommen. Die geplanten Neubauten sind durch entsprechende bauliche
und technische Vorkehrungen auch gegen den Gewerbelärm geschützt.
Sofern festgestellt werden müsste, dass das Geräusch die zulässigen Grenzwerte
übersteigt, müssten entsprechende Maßnahmen gegenüber dem Betrieb getroffen
werden.
2. Nach Würdigung der eingegangenen
Stellungnahmen hält der Stadtrat an der bisherigen Planung fest. Gemäß § 2 Abs.
1, §§ 8, 9, 10, 13 a BauGB und Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat
Bayern beschließt der Stadtrat den
Bebauungsplan
für die Grundstücke Fl.Nr. 78 und 78/5 der Gemarkung Haslach sowie Fl.Nr.
868/10 der Gemarkung Wolkersdorf an der Chiemseestraße
bestehend aus der
Planzeichnung und der Begründung in der Fassung vom 07.05.2019 als
Satzung.
3. Die Verwaltung wird auftragt, das
Ergebnis der Würdigung den Einwendungsführern mitzuteilen und das Verfahren mit
der Amtlichen Bekanntmachung abzuschließen.